Telegram‑Gruppen in Singapur zeigen, dass Verschwörungstheorien in Alltagsgespräche eingewoben sind
Eine neue Studie aus Singapur hat gezeigt, dass Verschwörungstheorien nicht nur in abgegrenzten Echo‑Chambern, sondern in alltäglichen Diskussionen auf Telegram verbreitet werden. Forscher entwickelten ein zweistufiges Analysemodell: Zunächst wurde RoBERTa‑Large feinabgestimmt, um Nachrichten als verschwörungsbezogen oder nicht zu klassifizieren. Mit 2 000 Experten‑Labels erreichte das Modell einen F1‑Score von 0,866.
Im zweiten Schritt entstand ein „Signed Belief Graph“, bei dem Nachrichten als Knoten und deren ideologische Übereinstimmung als gewichtete, positiv oder negativ signierte Kanten dargestellt werden. Das neu entwickelte Signed Belief Graph Neural Network (SiBeGNN) nutzt einen Sign Disentanglement Loss, um ideologische Ausrichtungen von stilistischen Merkmalen zu trennen. Durch hierarchisches Clustering der daraus gewonnenen Embeddings wurden sieben narrative Archetypen identifiziert – von rechtlichen Themen über medizinische Bedenken bis hin zu Medien‑ und Finanzdiskussionen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Verschwörungsthemen nicht ausschließlich in skeptischen Clustern auftauchen, sondern auch in Routinegesprächen zu Finanzen, Recht und Alltag. Das SiBeGNN erzielte eine deutlich bessere Clusterqualität (cDBI = 8,38) als herkömmliche Methoden (13,60 bis 67,27) und stützte sich auf eine 88 %ige Übereinstimmung bei Expertenbewertungen.
Diese Erkenntnisse stellen die gängige Annahme der Online‑Radikalisierung in Frage und verdeutlichen, wie tief Verschwörungstheorien in digitale Kommunikationsökosysteme eingewoben sind.